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Faktorverfahren – Alternative zu den Steuerklassen III und V?

Faktorverfahren – Alternative zu den Steuerklassen III und V?

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Seit 2010 steht Eheleuten mit dem Faktorverfahren eine weitere Auswahlmöglichkeit bei der Steuerklassenwahl zur Verfügung. Doch damit stellt sich gleich die Frage – Kommt das als Alternative zu den Steuerklassen III und V in Frage? Hier erhalten Sie alle nötigen Hintergrundinfos zum Thema.

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Das Wichtigste in Kürze

  • sinnvoll für Paare mit unterschiedlich hohen Einkommen
  • Ziel: möglichst gerechte Aufteilung der Steuerlast zwischen den Partnern:innen
  • Auf Basis der Steuerklasse IV, aber korrigiert durch einen Faktor
  • Vorteile: faire Verteilung der Steuerlast, direkte Auswirkung des Splittingvorteils, keine Steuernachzahlung
  • Nachteile: geringeres Nettogehalt, keine Steuererstattung, Abgabepflicht der Steuererklärung
  • Jährliche Beantragung beim Finanzamt nötig (seit 2015 gilt der errechnete Faktor für bis zu 2 Kalenderjahre)

 

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Inhaltsverzeichnis


Hinweis: Im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung wurde die Abschaffung der Steuerklassen III und V aufgenommen, es gibt jedoch im Moment keine konkreten Umsetzungspläne dazu. Folglich müssen Sie als Ehepaar vorerst nichts unternehmen, die Steuerklassenkombination wird nicht zum 01.07.2023 abgeschafft, wie oftmals behauptet wird.


Als Eheleute oder als Paar in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können Sie bei der Steuerklassenwahl zwischen verschiedenen Steuerklassenkombinationen wählen. Diese Wahl beeinflusst beispielsweise die Höhe Ihrer Steuerfreibeträge und Ihrer Lohnersatzleistungen.

Zur Auswahl stehen folgende Kombinationen:

  • Steuerklasse III/V
  • Steuerklasse IV/IV
  • Steuerklasse IV/IV mit Faktor = Faktorverfahren

Hier erhalten Sie alle Infos zu den Lohnsteuerklassen: „Die Lohnsteuerklassen – schnell erklärt im Überblick“

Für wen ist das Faktorverfahren gedacht?

Das Faktorverfahren ist vor allem für Paare sinnvoll, die unterschiedlich hohe Einkommen haben. Wenn Sie und Ihr:e Ehegatte:in also beide berufstätig sind, aber nicht gleich viel verdienen, kann die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor für Sie sinnvoll sein.

Das Ziel des Faktorverfahrens ist es, die Steuerlast möglichst gerecht zwischen Ihnen und Ihrem:r Partner:in aufzuteilen. Jede:r von Ihnen soll nur den jeweils eigenen Lohnsteueranteil am gemeinsamen Einkommen zahlen.

Probieren Sie gerne unseren kostenlosen Steuerklassen-Rechner aus und vergleichen Sie die unterschiedlichen Steuerklassenkombinationen!

Wie funktioniert das Faktorverfahren?

Beim Faktorverfahren werden im Hintergrund eine Reihe von Berechnungen durchgeführt, um Ihre jeweilige Steuerbelastung zu berechnen. Aber keine Sorge, das übernimmt das Finanzamt für Sie.

Die Basis für das Faktorverfahren ist die Steuerklasse IV, diese wird zusätzlich mit einem Faktor korrigiert. Insgesamt werden folgende Schritte durchgeführt:

  1. Ermittlung der voraussichtlichen Bruttogehälter des jeweiligen Jahres
  2. Ableitung der Einkommensteuer unter Berücksichtigung möglicher Steuerermäßigungen und des Splittingtarifes
  3. Berechnung des Faktors entsprechend der nachfolgenden Formel (Ergebnis auf drei Nachkommastellen genau, ohne Rundung)
  4. Ermittlung der zu zahlenden Lohnsteuer nach Steuerklasse IV durch die Arbeitgeber beider Ehepartner:innen + Anwendung des Faktors

Faktorverfahren = Einkommensteuer beider Ehegatten:innen nach dem Splittingverfahren / Summe der Lohnsteuer bei Anwendung der Steuerklasse IV

Vor- und Nachteile des Faktorverfahrens

Wie bereits angedeutet, soll die Besteuerung zwischen Ehepartnern:innen gerechter aufgeteilt werden. Beide Parteien zahlen die Einkommensteuer entsprechend der Höhe Ihres Einkommens und auch beide profitieren weiterhin von Steuerfreibeträgen.

Dadurch ergibt sich eine faire Verteilung zwischen den Partnern:innen. Wenn Sie beispielsweise ein Viertel des gemeinsamen Einkommens verdienen, so tragen Sie auch nur den darauf entfallenden Anteil der Einkommensteuer. Allerdings kann dadurch das gemeinsame Nettogehalt zunächst auch etwas geringer ausfallen als bei einer anderen Lohnsteuerklassenkombination.

Außerdem berücksichtigt das Finanzamt durch das Faktorverfahren den Splittingvorteil bereits während des Jahres und dieser wirkt sich direkt aus. Damit ist die monatliche Steuerbelastung durch die automatischen monatlichen Lohnsteuerabzüge vergleichsweise nahe am tatsächlichen Ergebnis. Im Zuge dessen kommt es selten zu Steuererstattungen, aber eben auch nicht zu Steuernachzahlungen.

Nichtsdestotrotz besteht für Sie die Abgabepflicht für Ihre Steuererklärung, wenn Sie das Faktorverfahren wählen.

 Hier sehen Sie nochmal alle Vor- und Nachteile im Überblick:

Tabelle Faktorverfahren

Vergleich zur Lohnsteuerklassenkombination III/V

Auch diese Lohnsteuerklassenkombination ist vor allem dann zu empfehlen, wenn Sie und Ihr:e Ehegatte:in unterschiedlich hohe Einkommen haben. Das Einkommensverhältnis sollte bei mindestens 60 % zu 40 % liegen.

Wenn Sie das höhere Einkommen haben, wählen Sie die Steuerklasse III und profitieren so von geringeren Abzügen, da Ihnen beispielsweise der doppelte Grundfreibetrag gewährt wird. Gleichzeitig wählt Ihr:e Partner:in mit dem geringeren Einkommen die Steuerklasse V. Diese hat eine sehr hohe Steuerbelastung, da weder der Grundfreibetrag noch der Kinderfreibetrag angerechnet werden.

Durch diese Verschiebung erhalten Sie im Idealfall während des laufenden Jahres  ein höheres gemeinsames Nettoeinkommen als bei einer anderen Lohnsteuerklassenkombination.

Achtung: Je größer jedoch der Unterschied zwischen Ihren Einkommen ist, desto höher ist auch die Steuernachzahlung am Ende des Jahres.

Das Faktorverfahren stellt somit eine gute Alternative für Paare dar, die sich eine gerechtere Verteilung des Einkommens wünschen und hohe Steuernachzahlungen vermeiden möchten.

Beantragung des Faktorverfahrens

Wenn Sie sich für das Faktorverfahren entschieden haben, müssen Sie nun gemeinsam einen Antrag beim Finanzamt stellen. Dieser ist jedoch immer für das laufende und das nachfolgende Jahr gültig und müssen anschließend neu beantragt werden. Der Faktor bleibt dahingehend für zwei Jahre bestehen.

Das dazu nötige Formular finden Sie hier: Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten

Noch Fragen zum Steuerklassenwechsel? Hier finden Sie alle Infos: „5 Fragen und Antworten zum Steuerklassenwechsel“

Hinweis Lohnersatzleistungen: Die Wahl der Steuerklassenkombination oder der Anwendung des Faktorverfahrens beeinflusst auch die Höhe von Lohnersatzleistungen beeinflusst. Dazu gehören zum Beispiel Arbeitslosengeld I, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Mutterschaftsgeld und Elterngeld oder die Höhe des Lohnanspruchs bei der Altersteilzeit. Lassen Sie sich hierzu beraten.


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Beitragsbild © Proxima Studio – stock.adobe.com

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Christian Staller

Als Gründungsmitglied, Vorstand und Beratungsstellenleiter unseres Vereins weiß Christian Staller ganz genau was unsere Mitglieder und Beratungsstellenleiter:innen bewegt. Durch seine langjährige Erfahrung im Steuerbereich verfügt er über viel Fachwissen und praktische Erfahrung bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung. Als Vorstand überblickt er alles rund um die fachliche Kompetenz unseres Lohnsteuerhilfevereins und ist zusätzlich als Dozent im Steuerrecht tätig. Somit ist ihm die Beratungsqualität ein großes Anliegen, damit unsere Mitglieder stets von einer aktuellen und kompetenten Unterstützung profitieren können.